Etwa 90 Prozent der Menschen mit Kopfschmerzen leiden entweder unter einem Kopfschmerz vom Spannungstyp, verkürzend meist Spannungskopfschmerz genannt, an Migräne oder einem Kombinationskopfschmerz aus diesen beiden Formen. Diese Kopfschmerzen werden auch primäre Kopfschmerzen genannt, d. h. sie sind keine Folge anderer Erkrankungen, sondern die Kopfschmerzen sind selbst die Erkrankung und aus medizinischer Sicht nicht gefährlich, auch wenn sie die Lebensqualität der Betroffenen teilweise ganz erheblich beeinträchtigen.

Evidenzbasierte Therapieempfehlungen
Die Therapieempfehlungen/Leitlinien der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und sind zum Teil in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Neurologie entwickelt worden.
Achten Sie bitte auf das Veröffentlichungs- oder Revisionsdatum, da die jeweils aktuellere Version als gültig betrachtet wird. Ältere Versionen sind weiterhin zu Informationszwecken verfügbar.
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Migräne
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Migräne: Gemeinsame Leitlinien-Ergänzung von DMKG und DGN 2024
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Spannungskopfschmerz
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Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch
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Kinder- und Jugendalter
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Trigeminusneuralgie
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Clusterkopfschmerz
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Migräne: Gemeinsame Leitlinien-Ergänzung von DMKG und DGN 2025
Evidenzbasierte Empfehlungen der DMKG für Apothekenfachpersonal
Die Selbstmedikation von Kopfschmerzen durch die betroffenen Patient:innen ist weit verbreitet. Dadurch kommt hier der Beratung in der Apotheke eine besondere Bedeutung zu. Um das Apothekenfachpersonal bei dieser wichtigen Aufgabe zu unterstützen, sind die aktuellen Empfehlungen der DMKG nachfolgend kurz zusammengefasst.
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Beim Kopfschmerz vom Spannungstyp wird die episodische von der chronischen Form unterschieden. Vom chronischen Spannungskopfschmerz spricht man, wenn wenigstens an 15 Tagen/Monat Kopfschmerzen auftreten. Dieser Kopfschmerz ist üblicherweise drückend bis ziehend, in der Intensität leicht bis mäßig, beidseitig und verstärkt sich nicht bei körperlicher Aktivität. Übelkeit, Geräusch- und Lichtempfindlichkeit können vorkommen.
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Bei der Migräne handelt es sich um Kopfschmerzattacken mit einer Dauer von 4 - 72 Stunden. Der Schmerz ist bei etwa 70 % der Betroffenen einseitig, sein Charakter eher klopfend, pochend, pulsierend und seine Intensität mäßig bis stark, so dass übliche Alltagsaktivitäten erschwert oder unmöglich gemacht werden. Beim Treppensteigen oder bei üblicher körperlicher Aktivität wird der Schmerz meist verstärkt. Während des Kopfschmerzes treten Begleiterscheinungen wie Übelkeit und/oder Erbrechen sowie Geräusch-, Licht- und Geruchsempfindlichkeit auf. Bei der Migräne mit Aura, an der etwa 15 % der Migränebetroffenen leiden, treten vor der Kopfschmerzattacke zusätzlich neurologische Symptome auf, die sich allmählich über 5 - 20 Minuten hin entwickeln und weniger als 60 Minuten anhalten. Kopfschmerz, Übelkeit und/oder Lichtempfindlichkeit schließen sich üblicherweise direkt an die neurologische Aurasymptomatik an oder folgen ihr nach einem freien Intervall von weniger als einer Stunde. Die Kopfschmerzphase kann in Einzelfällen auch vollständig fehlen. Die typische Aura besteht in Sehstörungen, halbseitigen Sensibilitätsstörungen, Hemiparese, Sprachstörungen oder einer Kombination solcher Symptome.
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Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen stellen in der Migräne- und Kopfschmerztherapie ein ernstes Problem dar. Es handelt sich dabei um einen diffusen, dumpf-drückenden oder auch pulsierenden Dauerkopfschmerz, der sich durch die tägliche oder fast tägliche Einnahme von Migränemitteln oder Analgetika entwickeln kann. Besteht der Verdacht auf einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz, sollte den betroffenen Personen dringend ein Arztbesuch angeraten werden, um gegebenenfalls einen ambulanten oder stationären Entzug einzuleiten. Eine Umstellung auf andere Medikamente ist bei Vorliegen eines medikamenteninduzierten Kopfschmerzes erfahrungsgemäß erfolglos. In der Beratung dieser Patientengruppe sehen wir eine besonders wichtige Aufgabe der Apotheker:innen.
Leitlinie in der Version, die sich direkt an Betroffene richtet.
Die Migräne ist die häufigste Kopfschmerzform, die zum Arztbesuch führt. Neben den Kopfschmerzen können weitere Beschwerden und Symptome auftreten. Ihre Behandlung ist für die Lebensqualität der Betroffenen von großer Bedeutung. Es gibt eine Vielzahl an Medikamenten zur Behandlung von Migräneattacken und Vorbeugung der Migräne. Maßnahmen zur Entspannungsförderung und nicht-medikamentöse Ansätze sind weitere sinnvolle Behandlungsmaßnahmen.
Welche Therapien stehen zur Auswahl? Welche Besonderheiten gibt es während einer Schwangerschaft oder im Kindes- oder Jugendalter? In dieser Leitlinie für Patientinnen und Patienten finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Therapie der Migräne
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Patient*innen Leitlinie: Migräne (2025)
Auswahl der beurteilten Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen
Die Empfehlungen der DMKG zur Selbstmedikation bei Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp berücksichtigen nur arzneiliche Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen nach Art und Dosierung, die in Deutschland nicht der ärztlichen Verschreibungspflicht unterliegen. Zu deren Beurteilung wurde nach den Kriterien für die Entwicklung evidenzbasierter Leitlinien eine systematische Literaturrecherche durchgeführt und eine Bewertung der klinisch relevanten Studien nach einer einheitlichen Methodik vorgenommen.
Für mehr Informationen zur Selbstbehandlung von primären Kopfschmerzen, Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp können Sie sich an unseren Leitlinien orientieren.
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Mittel der 1. Wahl sind:
- Einzeldosis mit 1000 mg Acetylsalicylsäure
- Einzeldosis mit 400 mg Ibuprofen
- Einzeldosis der fixen Kombination aus 500 mg Acetylsalicylsäure + 500 mg Paracetamol + 130 mg Coffein
In Deutschland steht derzeit kein Kombinationspräparat mit einer identischen Zusammensetzung zur Verfügung. Es sind jedoch mehrere Präparate mit einer nur geringfügig abweichenden Zusammensetzung erhältlich. Geplant ist die Einführung einer Kombination mit Paracetamol 250 mg, Acetylsalicylsäure 250 mg und Coffein 50 mg.
Mittel der 2. Wahl ist:- Einzeldosis mit 1000 mg Paracetamol
Bei allen anderen Wirkstoffen bzw. Wirkstoffkombinationen gibt es keine oder nur mangelhafte Hinweise für ihre Wirksamkeit. Einzelnen Patient:innen, die mit diesen Medikamenten bisher ihre Spannungskopfschmerzen erfolgreich behandelten, sollte diese Möglichkeit offen stehen
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Mittel der 1. Wahl sind:
- Einzeldosis mit 1000 mg Acetylsalicylsäure
- Einzeldosis mit 400 mg Ibuprofen
- Einzeldosis mit 1000 mg Paracetamol
- Einzeldosis der fixen Kombination aus 500 mg Acetylsalicylsäure + 500 mg Paracetamol + 130 mg Coffein
In Deutschland steht derzeit kein Kombinationspräparat mit einer identischen Zusammensetzung zur Verfügung. Es sind jedoch mehrere Präparate mit einer nur geringfügig abweichenden Zusammensetzung erhältlich. Geplant ist die Einführung einer Kombination mit Paracetamol 250 mg, Acetylsalicylsäure 250 mg und Coffein 50 mg.
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Obwohl die wissenschaftliche Evidenz für eine Empfehlung der Migräneprophylaktika Cyclandelat, Magnesium und Pestwurz nicht ausreicht, sollte einzelnen Patient:innen, die eine Migräneprophylaxe hiermit anstreben, diese Möglichkeit offen stehen.
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Bei diesen Personengruppen sollte vor einer möglichen Selbstmedikation eine ärztliche Diagnose und Therapieempfehlung erfolgen.
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Nach derzeitigem Stand des Wissens ist davon auszugehen, dass Patient:innen mit primären Kopfschmerzen, die über einen längeren Zeitraum überhöhte Dosierungen von Kopfschmerz- und Migränemedikamenten einnehmen, ein höheres Risiko für die Entwicklung von Kopfschmerzen bei Medikamentenübergebrauch besitzen – unabhängig davon, ob es sich um Mono- oder Kombinationspräparate, um Analgetika, ergotaminhaltige Präparate oder Triptane handelt. Wichtiger als die Zusammensetzung der Präparate sind die Häufigkeit ihrer Einnahme und ihre Dosierung, also ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch. Deshalb empfiehlt die DMKG, alle Kopfschmerz- und Migränepräparate zur Vermeidung der Entwicklung medikamenteninduzierter Kopfschmerzen nicht länger als drei Tage hintereinander und nicht häufiger als an 10 Tagen pro Monat anzuwenden.
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Allen häufiger von Kopfschmerzen betroffenen Patient:innen sollte zu regelmäßigem Ausdauersport (z. B. Jogging, Radfahren) sowie dem Erlernen der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson geraten werden. Bei psychologischen Schmerztherapeuten können darüber hinaus Methoden zur Stress- und Schmerzbewältigung, kognitive Techniken sowie eventuell Biofeedback-Methoden erlernt werden.